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Scrum ist tot!

Scrum, einst als Vorbild für agiles Arbeiten gefeiert, stösst immer häufiger an seine Grenzen. Gerade im Projektgeschäft zeigt sich: Kaum ein Unternehmen arbeitet nach Lehrbuch, Kunden verlangen feste Termine und Budgets. In der Schweiz wurde der Begriff Agilität 2020 sogar zum Unwort des Jahres in der ICT-Branche gewählt. Hat Agilität also ausgedient? Oder braucht es neue Ansätze, um die Flexibilität agiler Methoden mit der Planbarkeit von Projekten zu verbinden?

Agilität war lange Zeit der Hoffnungsträger für Unternehmen, die in einer immer schneller werdenden Welt flexibler und reaktionsfähiger arbeiten wollten. Im Mittelpunkt stand dabei Scrum, eine der bekanntesten agilen Methoden. Doch heute, rund zwei Jahrzehnte nach der Einführung von Scrum, scheint der Zauber verflogen. Immer häufiger hört man: „Scrum ist tot!“ – Vor allem im Projektgeschäft, wo feste Termine und klare Budgets gefragt sind, stösst das klassische Scrum-Modell an seine Grenzen.

Das Problem: Scrum setzt auf hohe Flexibilität. Es erlaubt ständige Änderungen während eines Projekts, was in der Theorie zu besseren Ergebnissen führt. In der Praxis verlangen Kunden und Stakeholder aber vor allem eines: Verbindlichkeit. Das Konzept der iterativen Entwicklung, bei der es keine festen Zeitpläne gibt und sich der Umfang jederzeit ändern kann, führt im Projektgeschäft zu Unzufriedenheit. In der Schweiz wurde „Agilität“ 2020 sogar zum Unwort des Jahres in der ICT-Branche gewählt – ein deutliches Zeichen dafür, dass die Anwendung agiler Methoden oft mehr Probleme schafft als löst.

Grenzen der Agilität im Projektgeschäft

Scrum folgt einem strikten Rahmen, der in der Praxis oft nicht umsetzbar ist. Unternehmen, die Projekte für externe Kunden durchführen, sind vertraglich an Termine und Budgets gebunden. Diese Vorgaben passen nur bedingt zur agilen Arbeitsweise, bei der die Planung während des Projekts ständig angepasst wird. Kunden erwarten feste Zeitrahmen und klare Ergebnisse, und genau hier scheitert Scrum oft: Es liefert keine festen Liefertermine oder garantierte Ergebnisse innerhalb eines festgelegten Budgets. Das führt zu Missverständnissen, Frustration und am Ende oft zu höheren Kosten und längeren Projektlaufzeiten.

Während Scrum in internen Projekten oder in größeren Unternehmen noch funktioniert, zeigt sich, dass immer mehr Projekte ins Stocken geraten oder sogar scheitern, weil der flexible Ansatz nicht mit den Anforderungen der Kunden vereinbar ist. Es ist kein Zufall, dass sich grosse Unternehmen diesen Mehraufwand oft noch leisten können, während kleinere Unternehmen oder projektbasierte Geschäftsmodelle nach Alternativen suchen, die Planbarkeit und Flexibilität in Einklang bringen.

Neue Ansätze für planbare Agilität

Heisst das aber, dass Agilität insgesamt tot ist? Keineswegs. Es bedarf lediglich neuer Ansätze, die die Vorteile agiler Methoden – Flexibilität und schnelle Anpassung – mit der Planbarkeit traditioneller Methoden verbinden. Genau hier setzen hybride Modelle an, die agile Ansätze mit klassischen Projektmanagementmethoden wie dem Wasserfallmodell verbinden.

Ein Beispiel ist Scrumban, eine Mischung aus Scrum und Kanban. Scrumban bewahrt die Flexibilität der agilen Arbeitsweise, ermöglicht aber gleichzeitig eine bessere Kontrolle über den Workflow und die Kapazitäten. Während Scrum stark auf Timeboxen und Sprints setzt, nutzt Kanban eine visuelle Darstellung der Arbeitsschritte, um Engpässe frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Das Ergebnis: mehr Kontrolle, weniger Verzögerungen und eine bessere Planbarkeit, ohne die Flexibilität völlig aufzugeben.

Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist das agile Festpreismodell. Dabei wird mit dem Kunden ein fester Preis und ein klarer Zeitrahmen vereinbart, innerhalb dessen die Teams agil arbeiten können. Der Vorteil: Kunden erhalten die gewünschte Planbarkeit, während die Teams weiterhin flexibel auf Veränderungen reagieren können. Es entsteht eine Win-Win-Situation, die die Stärken beider Welten vereint.

Agilität neu gedacht: Mehr Verbindlichkeit, weniger Chaos

Während Scrum und ähnliche Modelle in ihrer ursprünglichen Form immer weniger Anwendung finden, zeigt sich, dass agile Prinzipien – angepasst und weiterentwickelt – weiterhin relevant sind. Unternehmen suchen nach Methoden, die ihnen sowohl die nötige Flexibilität bieten, um auf sich schnell verändernde Märkte zu reagieren, als auch die Sicherheit, ihre Projekte innerhalb eines definierten Rahmens durchzuführen.

Ein vielversprechender Ansatz ist die so genannte Disciplined Agile Delivery (DAD). Dieses Framework baut auf agilen Methoden wie Scrum auf, erweitert diese aber um wesentliche Aspekte, die in der Praxis oft vernachlässigt werden, wie Governance, Risiken und Einhaltung von Zeitplänen. DAD bietet Teams einen flexiblen Rahmen und ermöglicht gleichzeitig eine bessere Kontrolle über Zeit und Budget. Unternehmen, die DAD einsetzen, berichten von einer deutlichen Reduzierung von Kostenüberschreitungen und einer besseren Einhaltung von Terminen.

Zunehmend an Bedeutung gewinnt auch das so genannte Lean Development. Es basiert auf dem Prinzip, möglichst effizient und ohne Verschwendung zu arbeiten und eignet sich besonders für Projekte mit engen Zeitplänen und begrenzten Budgets. Lean Development konzentriert sich darauf, unnötige Arbeitsschritte zu vermeiden und Prozesse so zu optimieren, dass aus den vorhandenen Ressourcen das Maximum herausgeholt wird. In Kombination mit agilen Prinzipien entsteht ein Modell, das Flexibilität mit Effizienz verbindet und so den Anforderungen des modernen Projektgeschäfts gerecht wird.

Agilität ist nicht tot – sie muss sich nur neu erfinden

Die Aussage „Scrum ist tot!“ mag provokant klingen, spiegelt aber eine Realität wider: Agile Methoden müssen sich weiterentwickeln, um den Anforderungen von Kunden und Märkten gerecht zu werden. Das klassische Scrum-Modell, das auf endlose Iterationen und Flexibilität setzt, hat sich in vielen Bereichen überlebt. Stattdessen sind neue Ansätze gefragt, die die Stärken der Agilität – Flexibilität und Anpassungsfähigkeit – mit den Anforderungen nach klaren Zeit- und Budgetvorgaben verbinden.

Hybride Modelle wie Scrumban, Agile-Fixed-Price oder Disciplined Agile Delivery zeigen, dass Agilität in der Praxis durchaus funktioniert – wenn sie richtig umgesetzt wird. Der Wunsch nach Flexibilität und schnellen Reaktionen bleibt, aber in einer Welt, in der Verbindlichkeit immer wichtiger wird, muss Agilität neu gedacht werden.

Das Ende von Scrum bedeutet nicht das Ende agiler Arbeitsmethoden. Es ist vielmehr der Beginn einer neuen Ära, in der Agilität und Verbindlichkeit Hand in Hand gehen, um Projekte effizienter und erfolgreicher umzusetzen. Der Weg in eine neue agile Zukunft hat gerade erst begonnen.

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